Case Study: Lebenszyklus-Kosten von IT Produkten
In diesem Artikel wird ein erstes Fallbeispiel aus dem IT Produktportfoliomanagement, genauer gesagt aus dem Bereich der IT Produktkostenentwicklung vorgestellt. Die Beispiel-Kernfrage lautet:
Wie entwickeln sich die Kosten des IT Produkts für Change und Run?
Fallstudie aus der IT Produktkostenentwicklung
Dieser Artikel gibt einen genaueren Blick auf die Möglichkeiten, die das IT Produktportfoliomanagement bietet, indem es in einer Fallstudie die Entwicklung der Lebenszyklus-Kosten von IT Produkten aufzeigt, sowie Möglichkeiten zur Optimierung vorschlägt.
Die Beispiel-Kernfrage lautet:
Wie entwickeln sich die Kosten des IT Produkts für Change und Run?
Mit Change wird die einmalige Entwicklung bzw. das einmalige Customizing eines IT Produkts bezeichnet, während Run für die laufende Wartung des IT Produkts steht. Aber was genau ist der IT Lebenszyklus?
Was ist der Lebenszyklus von IT Produkten?
Der IT Lebenszyklus oder englisch IT Life Cycle beschreibt die Phasen von der Entstehung bis zur Außerbetriebnahme von IT Produkten, Systemen und Plattformen. Eine Bewertung aus der Perspektive des IT Lebenszyklus birgt mehrere Vorteile. Denn dadurch wird eine vollständigere und damit nachhaltigere Entscheidungsbasis geschaffen. Dies hilft zum Beispiel bei solchen Überlegungen.
- Bei der Entscheidung zwischen einer Eigenentwicklung oder einer Standardsoftware ist die Betrachtung der Gesamtkosten eine wichtige Voraussetzung für den Vergleich der beiden Lösungen.
- Bei der Frage, welche Kosten auf den Kunden für die Fortführung der Anwendung unter der Annahme eines angenommenen Lebensendes zukommen.
- Bei der Frage, wann ein Altsystem abgelöst und durch ein Neues ersetzt werden sollte.
Zurück zur Kernfrage: Wie entwickeln sich die Kosten des Produkts für Change und Run? Und woraus setzen sich die oben erwähnten Lebenszyklus-Kosten zusammen? Um dies zu beantworten, betrachten wir zunächst die Ausgangssituation.
Ausgangssituation und Fragestellung
Das Budget von IT Produkten setzt sich aus den einmaligen Entwicklungsleistungen bzw. dem Customizing von Standardprodukten (Change) und den laufenden Wartungskosten (Run), mit denen der Betrieb des Produkts sichergestellt wird, zusammen. Gemeinsam bilden sie die Lebenszyklus-Kosten eines Produkts. Die Erfahrung zeigt, dass sich in der Kostenentwicklung von IT Portfolien der Anteil für neue Funktionen und Prozesse gegenüber den Wartungskosten sukzessive sinkt. Bei vielfach begrenzten IT Budgets entwickelt sich der Change Anteil zurück (siehe Abbildung 1). Infolgedessen werden immer weniger Funktionen, trotz steigendem Bedarf, bereitgestellt. Es kommt zu einem sogenannten „Anwendungsstau“.
Entwicklung der Lebenszyklus-Kosten
Im Folgenden zeigen wir Ihnen dies an einem praktischen Beispiel. Hierzu verwenden wir Daten aus der Datenbank der BAMAC GROUP, die wir durch einen neutralen Namen (Produkt 1 und 2) verfremdet haben. Um das Vorgehen transparent und übersichtlich zu gestalten, wurden zwei Produkte ausgewählt, deren Produktivität ermittelt wurde. Beide Produkte werden im ersten Jahr entwickelt und in der Folgezeit erweitert.
Aufgrund der speziellen Situation, dass im ersten Jahr alle Produkte entwickelt werden, fallen keine Wartungskosten an (siehe Tabelle 1).
Grundlage für die Ermittlung der Wartungskosten sind die kumulativen Funktionen der IT Produkte bis zum Vorjahr.
Die Analyse des Portfolios zeigt, dass nach 6 Jahren eine deutliche Verschiebung zu den Wartungskosten stattfindet. Während die Entwicklungskosten bei gleichem jährlichen Funktionsumfang geringfügig steigen, nehmen die Wartungskosten aufgrund des Gesamtumfangs kontinuierlich zu.
Aufgrund des wachsenden IT Produktportfolios sind die Auswirkungen im Run-Bereich am gravierendsten. Die Abbildung 2 zeigt, wie sich der Funktionsumfang zwischen Neuentwicklung und der Wartungsumfang verändert.
Auch die Auswirkungen der Budgetverteilung zwischen Change und Run in Prozent zeigt, wie sich die Verteilung von zunächst 100% Change und 0% Run bereits nach 5 Jahren Betrieb in das Verhältnis 25% Change und 75% Run verändert.
Die konkrete Vorgehensweise der BAMAC GROUP
Nachfolgend stellen wir unsere konkrete Herangehensweise zur Beantwortung der Kernfrage vor. Wie oben grafisch dargestellt, sind die bestehenden IT Produkte und deren Funktionen, sowie die dazugehörigen Aufwandsdaten für Entwicklung (Change) und Wartung (Run) die Analysebasis für die BAMAC GROUP. Die Funktionsanalyse erfolgt i.d.R. auf der Grundlage der vorhandenen Dokumentation. Dort wo keine Dokumentation vorliegt, erfolgt die Analyse im Rahmen von Workshops.
Bei der Erhebung der Ist-Daten ist die BAMAC GROUP auf die Zuarbeit des IT Controllings angewiesen. Die Qualität der Daten ist ein wichtiger Indikator für die Qualität der gemachten Prognosen. Mit Hilfe mathematischer Instrumente (insbesondere statistischer Fehleranalysen) lassen sich hierbei eventuelle Unvollständigkeiten ausgleichen.
Ergebnis der Analyse zu den Lebenszyklus-Kosten von IT Produkten
Die Kernfrage nach der Entwicklung der Lebenszyklus-Kosten haben wir oben bereits beantwortet. Gleichzeitig stellt sich eine Neue: Ist dieser Verlauf der Kosten unvermeidbar oder ist es möglich den Anteil an neuen Funktionen zu erhöhen bzw. den Anteil der Wartungskosten zu senken, ohne das IT Budget zu erhöhen?
Ist es möglich den Anteil an Change zu erhöhen, ohne das gesamte IT Budget anzuheben?
In diesem Fallbeispiel wurde dargestellt, wie die sich die Verteilung der Kosten für Change und Run im Verlauf von sechs Jahren verändert hat. Dies erfolgte, um Möglichkeiten zur Optimierung des Ist-Zustandes zu identifizieren. Die Grafik veranschaulicht diesen Prozess der Optimierung.
Optimierungsmöglichkeiten der Lebenszyklus-Kosten von IT Produkten
Um dieser Verschiebung der Lebenszyklus-Kosten entgegenzuwirken, stellen wir an dieser Stelle Mittel und Wege vor, die sich aus unserer jahrzehntelangen Praxis ergeben haben, die die Kostenverteilung optimieren, sowie die Effizienz Ihrer IT Produkte steigern.
Es lassen sich folgende Maßnahmen zur Optimierung und Effizienzsteigerung heranziehen:
- Bauen Sie nicht mehr verwendete Funktionalitäten zurück
Funktionalitäten, die Sie nicht mehr benötigen aber weiterhin im System verbleiben, müssen gewartet werden. Sie binden somit Kapital, dass Ihnen keinen Nutzen bringt. Potentiale liegen vor allem in veralteten Funktionalitäten zur Prozessunterstützungen bzw. nicht mehr verwendeten Produkten vor.
- Lösen Sie Altsysteme ab
Prüfen Sie, ob Sie Ihre Altsysteme weiterentwickeln sollten oder eine Ablösestrategie einen wirtschaftlicheren Betrieb ermöglicht.
- Standardisieren Sie Prozesse und Funktionen – Verzichten Sie auf Arabesken
Bauen Sie besonders nuancenreiche Produkte ab und führen Sie die Anwendungsgebiete zusammen. Immer wieder finden wir Anwendungen in mehreren Varianten in einer Organisation vor (z.B. Abrechnungssysteme). Die Begründung liegt vielfach durch den Zusammenschluss neuer Firmen bzw. der Umorganisation innerhalb von Konzernen. Nach diesen Umorganisationen wird dann oft vergessen, die Systemlandschaft anzupassen.
- Konsolidieren Sie Daten und Funktionen
Bauen Sie Redundanzen sowohl bei Daten (z.B. Kundendaten) als auch Funktionen (z.B. Buchhaltungssyteme) ab.
- Treffen Sie Ihre Entscheidung nach Produktivitätskriterien
Überprüfen Sie Ihr IT Portfolio bereits in der Planungsphase konsequent auf Effizienz.
Ist Ihre Entwicklung bzgl. Entwicklungskosten optimal aufgestellt?
Wie verhält es sich mit der Wartung?
Überprüfen Sie die Produktivität und führen Sie ggf. Maßnahmen zur Produktivitätssteigerung durch (z.B. Qualifikation der Mitarbeiter, Modularisierung der Architektur, Optimierung der Arbeitsplatzumgebung und Zusammenfassung der Entwicklungsorte).
Mit diesen Tipps kommen Sie schon sehr weit bei der Optimierung Ihres IT Portfolios. Bei Fragen, kontaktieren Sie uns gern!