Makro-Steuerung in der Konzern IT: Ohne Vorstand, Kontrollorgan und Politik geht es nicht!

Kurzfassung

In diesem Beitrag werden eine Auswahl von strukturellen Schwachstellen in der Makro-Steuerung der Digitalisierung und den damit einhergehenden falschen Steuerungsimpulse in den Unternehmen identifiziert und beschrieben, die von Management und Politik zu lösen sind.

Interne und externe Faktoren beeinflussen den digitalen Unternehmenserfolg

Die Neuausrichtung ihres Geschäfts an einem digitalen Geschäftsmodell und die Steuerung der damit einhergehenden digitalen Transformation in den Konzernen muss von Aufsichtsrat und Vorstand begleitet werden. Die Randbedingungen für eine wettbewerbsfähige Umgebung sind aber nicht nur durch interne Erfolgsfaktoren bestimmt, sondern ebenso durch externe Faktoren, die von der Politik festgelegt werden. In diesem Beitrag werden eine Auswahl von strukturellen Schwachstellen in der Makro-Steuerung der Digitalisierung und den damit einhergehenden falschen Steuerungsimpulse in den Unternehmen identifiziert und beschrieben, die von Management und Politik zu lösen sind.

Wettbewerbsfaktor Digitalisierung: Deutsche Key Player im internationalen Vergleich

Die Mängel in der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie sind aufgrund der Versäumnisse in der Digitalisierung der letzten 20 Jahre in Deutschland und Europa unübersehbar. Während sich sowohl im angelsächsischen als auch im asiatischen Raum digitale Champions seit Mitte der 90iger Jahre etablieren konnten, ist uns das weder in Deutschland noch in Europa gelungen. Firmen wie Amazon, Apple und Google auf der einen Seite und Alibaba und Tencent auf der anderen Seite zeigen uns, welche wirtschaftliche Kraft Unternehmen mit Hilfe der Digitalisierung entwickeln können. So ist die Marktkapitalisierung von Apple mit 2.601,44 Mrd. EUR (Stichtag: 03.10.2023) größer als die aller im DAX40 vertretenen Konzerne zusammen (1.406,28 Mrd. EUR). In der Automobilindustrie erreichen die drei großen Flaggschiffe der deutschen Industrie (BMW, Mercedes, Volkswagen) gerade einmal 20,13% der Marktkapitalisierung von Tesla.

„Die Marktkapitalisierung von Apple ist um ca. 85% größer als die Summe aller im DAX40 gezeichneten Konzerne.“

BAMAC Group, Stand: 03.10.2023

Der wirtschaftliche Druck auf die Unternehmen in Deutschland ist hoch. Es gilt die Vorteile der Digitalisierung schnell und nachhaltig nutzbar zu machen. Die vom Wettbewerb erzielten Vorteile bei neuen Produkten und der Prozessoptimierung sind beträchtlich. Die Zeit, Dinge auszuprobieren schwindet, da die Wettbewerber über bereits fertige Lösungen verfügen bzw. Ihre Marktreife über Jahre nachweisen konnten. Darüber hinaus kommen nach den Belastungen aus der Corona-Krise die Folgen aus dem Ukraine Krieg. Mit erhöhter Inflation, höheren Energiepreisen und dem Zinsanstieg steigt noch einmal zusätzlich der Kostendruck. Darüber hinaus bietet die überbordende Bürokratie mittlerweile mehr Nach- als Vorteile. Herausfordernde Zeiten, um in dieser Umgebung die notwendige Transformation in deutschen Unternehmen umzusetzen.

Die Orientierung am Wertbeitrag richtet den Fokus auf den Geschäftserfolg

Um in dieser Phase zu bestehen, benötigen die Unternehmen die Fähigkeit, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Dazu brauchen die Entscheider Antworten auf ihre Fragen. Diese sind: Inwieweit unterstützen die Maßnahmen unsere digitale Strategie? Welchen Nutzen (Wertbeitrag) generieren die Maßnahmen? Welche Erlöse und Gewinne werden mit ihnen erzielt? Was kosten die Maßnahmen? Sind die Kosten angemessen? Wie entwickeln sich die Gesamtkosten (Life Cycle Kosten)? Ist die gelieferte Qualität in Relation zu den Kosten angemessen?

Die Ergebnisse in den Unternehmen sprechen für sich – die bisher gegebenen Antworten sind in vielen Fällen unzureichend.
Im Folgenden haben wir eine Auswahl an strukturellen Hindernissen identifiziert, die die Entwicklung der Unternehmen hemmen. Dabei unterscheiden wir zwischen Wirkfaktoren innerhalb des Unternehmens (endogene Faktoren) als auch solchen, die außerhalb des Unternehmens (exogene Faktoren) den Unternehmenserfolg beeinflussen.

Endogene Faktoren in der Makro-Steuerung: Stellen Sie die richtigen Fragen und setzen Sie die richtigen Impulse, um die Produktivität in ihrem Unternehmen nachhaltig zu steigern!

1. Es besteht ein Übergewicht der Mikrosteuerung in Unternehmen.

Wir bei BAMAC Group beobachten in den letzten Jahren eine zunehmende Verschiebung der Steuerung von Aufsichtsrat und Vorstand in die operativen Einheiten. Dadurch attestieren wir eine Verlagerung ins „klein-klein“ der Mikro-Steuerung. Das „große Ganze“ der IT, welches sich sowohl aus der Wirkung auf den Gewinn (EBITDA) als auch der Produktivität im Wettbewerbsvergleich zusammensetzt (Makro-Steuerung), wird aus dem Auge verloren und tritt bei Entscheidungen in den Hintergrund. Die Zeit der Niedrigzinsen hat diese Entwicklung nach unserer Wahrnehmung beschleunigt. Wir beobachten eine schädliche Anfälligkeit der Entscheidungsträger taktisch zu handeln, zu Lasten faktenbasierter Entscheidungen.

2. Die Berechnung von IT-Aufwänden und IT Performance lassen sich nicht vergleichen.

Mit der Verlagerung der Entscheidung ins Mikro-Management geht eine weitere Schwächung der Steuerung einher. Mit dem zunehmenden Verzicht auf normierte Kennzahlen bei der Erhebung von Aufwand und Produktivität, lassen sich beliebige Aussagen ableiten. Nur so lassen sich aus unserer Sicht die Aussagen in der Öffentlichkeit erklären, dass wir in der Digitalisierung in Deutschland nach den USA weltweit führend seien. Dies widerspricht unserer Erkenntnis und Datenbasis. Seit dem Jahr 2004 messen wir einen Rückgang der Produktivität in den IT-Projekten.
Ein weiteres Indiz: Auch die Nachfrage nach Benchmarking hat in der Niedrigzinsphase nachgelassen. Statt einer faktenbasierten Ausrichtung zur Effizienz bei Preisen und Kosten beobachten wir auch hier eine zunehmende Wohlfühlkultur gepaart mit taktischen Entscheidungen in Unternehmen.

3. Wir verfügen über keine geeigneten Finanzinstrumente zur Finanzierung großer IT-Vorhaben.

Die Finanzierung großer Investitionen ist aufgrund der Finanzierungskultur sehr zurückhaltend. Mängel in der Schätzgenauigkeit (siehe 2), fehlende Kreditmöglichkeiten großer Maßnahmen (z.B. liegt das potenzielle Kreditvolumen von Instituten im mittleren zweistelligen Millionenbereich bei guter Marktlage während in den USA z.B. Maßnahmen im 3-stelligen Millionenbereich verbreitet sind) verhindern die Entwicklung kostenintensiver Projekte sowie deren Beherrschung und schaffen einen zusätzlichen Wettbewerbsnachteil.

4. Es fehlt die Ausrichtung am IT-Wertbeitrag.

Die Wechselwirkung zwischen Investitionen in die IT und deren Auswirkung auf den Unternehmenserfolg (EBITDA) werden nicht nach dem Ursache-Wirkprinzip durchdrungen. Durch die fehlende Ausrichtung am IT-Wertbeitrag kann sich keine effiziente Ertragskultur entwickeln. In vielen Fällen wird unverändert die IT als Cost-Center behandelt. Der erzielte Produktivitätsgewinn, der durch die IT generiert wird, wird nicht holistisch bewertet.

5. Es gibt erhebliche Lücken und Redundanzen im Aufbau und der Weiterentwicklung von Business und IT-Architektur.

Die Wirkweise von Geschäftsprozessen und IT-Systemen wird über Schnittstellen gemanagt. Allzu häufig werden dabei technische Verwerfungen nach unten priorisiert. Dies hat zur Folge, dass die Kosten für den Betrieb (OpEx oder Run) drastisch steigen, ohne dass ein Mehrwert entsteht. Gleichzeit stagnieren die Kosten für Investitionen (CapEx oder Change) bei „gedeckelten“ Budgets.
Die Folge: Viel Geld für wenig Mehrwert!

Exogene Faktoren in der Makro-Steuerung: Wirken Sie mit daran, die Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland und Europa zu stärken!

1. Wir haben sowohl in Deutschland als auch in Europa keine eigene Plattform für Kommunikation und Vermarktung.

Wir haben es in der Vergangenheit versäumt eine Plattform sowohl in Deutschland als auch in Europa zu etablieren, auf der wir, nach unserer demokratischen Grundordnung, das Begegnen der Marktteilnehmer organisieren. Dort, wo Lösungen entwickelt werden, greift der Lösungsansatz viel zu kurz. Stattdessen werden wir durch den angelsächsischen Raum (z.B. Amazon, Meta) und dem asiatischen Raum (Alibaba, Tencent) getrieben. Wir halten es für den Standort für unabdingbar, dass wir unseren Markt über eine separate Plattform schützen, um auch morgen wettbewerbsfähig zu sein. Hierbei ist eine Kooperation von Industrie und Staat unabdingbar.

2. Wir verfügen über keine geeigneten Finanzinstrumente zur Finanzierung großer IT-Vorhaben.

Was sowohl oben für das Unternehmen gilt, gilt genauso für alle Marktteilnehmer. Daraus entsteht ein Wettbewerbsnachteil für den Standort Deutschland, da kapitalintensive Projekte (wie z.B. eine Plattform) durch den Erfinder nicht finanziert werden kann. Dieses Argument ist besonders im folgenden Punkt gewichtig.

3. Sowohl Steuerbilanz als auch Handelsbilanz sind auf die verarbeitende Industrie ausgelegt und nicht auf eine digitale Welt.

Die Steuer- als auch die Handelsbilanz sind auf eine lineare Wirtschaft ausgelegt und stellen sich in einer nicht linearen Welt – welches ein wesentliches Merkmal der Digitalisierung ist – als Standortnachteil heraus. Finanzierungen bzw. Investitionen in Software werden als Aufwand in der Bilanz aufgenommen. Damit bilden sie einen Wert, der sich aus Aufwand und zugehörigem Stundensatz konstituiert. Der Wert einer Lösung für den Markt wird nicht berücksichtigt. Ganz anders zeigt sich die Bewertung der Firma Waymo in den USA, die sich mit ihrer Marktkapitalisierung frühzeitig mit benötigten Geldmittel versorgen konnte. Hier haben wir dringenden Handlungsbedarf bei der Erweiterung unserer Instrumente.

Die oben aufgeführten endogene und exogene Faktoren sind nicht vollständig und lassen sich erweitern. Ich lade Sie dazu ein, mir Ihren Blickwinkel mitzuteilen und Lernerfahrungen auszutauschen. Ich halte Sie in dieser Kolumne auf dem Laufenden.

Weiterführende Informationen finden Sie unter:

IT Portfoliomanagement – Instrument für mehr Unternehmenswachstum und nachhaltiger Planung